Elektronische Fußfessel – sinnvoller Schutz oder nur ein Baustein?
Die Debatte um elektronische Fußfesseln als Schutzmaßnahme bei häuslicher Gewalt ist wichtig – aber sie greift zu kurz. Ja, Überwachung kann Täter abschrecken. Doch Gewalt hat viele Gesichter – psychische, digitale, strukturelle. Wir sagen: Nur ein ganzheitlicher Ansatz schützt wirklich.
- Schutz muss ein Recht sein, keine Glückssache.
- Hilfe darf nichts kosten – weder Geld noch Mut.
- Wir brauchen mehr als Technik: Aufklärung, Prävention, starke Strukturen.
In unserem aktuellen Positionspapier zur Bundestagsanhörung vom 16.01.2025 zeigen wir, was jetzt geschehen muss – und warum das geplante Gewalthilfegesetz nicht länger warten darf.
Lesen Sie hierzu auch unser komplettes Positionspapier (PDF)
Und vor allem: Kommen Sie mit uns ins Gespräch! Wir stehen als Ansprechpartnerinnen bereit – für Austausch, für Ideen, für Veränderung.
Zu den Hintergründen
Der Einsatz elektronischer Fußfesseln (elektronische Aufenthaltsüberwachung, EAÜ) in Deutschland wird derzeit intensiv diskutiert und weiterentwickelt, insbesondere zum Schutz vor häuslicher Gewalt.
Aktueller Stand in Deutschland (Stand Juni 2025)
- Gesetzesinitiative auf Bundesebene: Im Januar 2025 hat die Bundesregierung eine Formulierungshilfe zur Änderung des Gewaltschutzgesetzes beschlossen. Ziel ist es, Familiengerichten die Möglichkeit zu geben, in Hochrisikofällen eine elektronische Aufenthaltsüberwachung anzuordnen. Zudem sollen Täter zur Teilnahme an sozialen Trainingskursen verpflichtet werden.
- Pilotprojekt in Hessen: Hessen hat als erstes Bundesland das sogenannte „spanische Modell“ eingeführt. Dabei wird nicht nur der Täter mit einer Fußfessel ausgestattet, sondern auch das potenzielle Opfer trägt ein GPS-Gerät. Nähert sich der Täter dem Opfer, wird automatisch ein Alarm ausgelöst, um ein Zusammentreffen zu verhindern.
- Unterschiede zwischen Bundesländern: Derzeit haben nur sechs der 16 Bundesländer spezifische Regelungen zur elektronischen Überwachung von Gefährdern eingeführt. Die CDU fordert daher eine bundesweit einheitliche Regelung, um den Schutz vor häuslicher Gewalt flächendeckend zu gewährleisten.
Internationale Vergleiche
- Spanien: Spanien gilt als Vorreiter beim Einsatz elektronischer Überwachung zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Seit Einführung des Modells, bei dem sowohl Täter als auch Opfer mit GPS-Geräten ausgestattet werden, ist die Zahl der Femizide deutlich zurückgegangen.
- Frankreich: Frankreich hat das spanische Modell im Jahr 2020 übernommen und setzt es seither erfolgreich ein.
- Schweiz: In der Schweiz ist die elektronische Fußfessel seit 2015 als Ersatz für Freiheitsstrafen möglich. Seit Anfang 2022 können auch Stalker und Täter häuslicher Gewalt mit einer elektronischen Fußfessel überwacht werden.
- Österreich: Seit 2010 kann in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen die Strafhaft in Form eines elektronisch überwachten Hausarrests vollzogen werden.
- USA: In den USA ist das Tragen einer GPS-Fußfessel häufig Teil der Bewährungsauflagen. Zudem werden spezielle Fußfesseln eingesetzt, um Unterlassungsbefehle durchzusetzen oder Alkoholkonsum zu überwachen.
- Großbritannien: Großbritannien testete den Einsatz elektronischer Fußfesseln zur Überwachung von Migranten, die von Abschiebung bedroht sind. Das Pilotprojekt endete 2023, wurde jedoch wegen Datenschutzbedenken kritisiert.
Fazit
Deutschland befindet sich derzeit in einem Transformationsprozess hinsichtlich des Einsatzes elektronischer Fußfesseln zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Während einige Bundesländer bereits fortschrittliche Modelle implementieren, besteht auf Bundesebene noch Handlungsbedarf, um eine einheitliche und effektive Regelung zu schaffen.
Internationale Beispiele, insbesondere das spanische Modell, zeigen, dass der kombinierte Einsatz von GPS-Überwachung bei Tätern und Opfern ein wirksames Mittel sein kann, um häusliche Gewalt zu verhindern.
